Drohende Eskalation gilt es abzuwenden

Die  Interessengemeinschaft Unsere Kurve setzt sich seit vielen Jahren für einen Dialog auf Augenhöhe zwischen Fans, Vereinen und Verbänden ein. Der ASC ist nicht nur als Mitglied von Unsere Kurve hierbei aktiv involviert, sondern bemüht sich auch in Bielefeld und Europa für mehr Gehör für Fan- und Mitgliederbelange in Entscheidungen. Insbesondere auf Bundesebene zeichnet sich nicht erst seit den Pokal- und Ligaspielen der letzten Woche eine Verschärfung von Konflikten ab, die mitnichten durch Alkohol, Suche nach Gewalt oder gesellschaftliche Probleme allein verursacht werden. Konflikte, die zudem dazu beitragen, dass Lösungen in Konfrontation und demonstrativer Härte gesucht werden:

In den letzten Wochen scheint sich die zu Jahresbeginn noch positive Entwicklung ins genaue Gegenteil umzukehren. Der Dialog liegt brach, gleichzeitig macht sich Enttäuschung und Unverständnis bei allen Beteiligten in der Art bemerkbar, dass ein stringent den eigenen Vorstellungen folgendes Handeln an den Tag gelegt wird.

Es ist höchste Zeit, diesen eskalierenden Ansätzen den Riegel vorzuschieben, differenziert die einzelnen Vorfälle nach ihren Ursachen zu untersuchen und die Ursachen zu bekämpfen!

Es kam viel zusammen in den letzten Wochen: der stockende bzw. abgebrochen wirkende Dialog der Verbände mit dem Zusammenschluss der Ultragruppierungen „Pyrotechnik legalisieren – Emotionen respektieren“, undifferenzierte Berichte u.a. über die Verletztenstatistik bei Fußballspielen, fast zeitgleich beginnen einige Fanszenen, eine aufgrund der Aussicht auf die möglich erscheinende legale Anwendung von Pyrotechnik selbst auferlegte Zurückhaltung beim illegalen Einsatz ins Gegenteil umzukehren – verbunden mit den entsprechend negativen und gefährlichen Auswirkungen.

Der Dialog wird mit jedem Fehlverhalten im Stadion schwieriger und weniger zielorientiert ablaufen können – je weiter die Spirale angeheizt wird, desto unwahrscheinlicher wird ein deeskalierendes Einwirken für alle Beteiligten. Jede Pyroaktion verschärft den Konflikt, aber auch jedes Fehlverhalten von Polizei und Ordnungsdiensten radikalisiert zusätzlich.

Fußballfans haben in Deutschland keine Lobby, und so werden auch die 27 durch Reizgas und Schlagstöcke der Polizei verletzten Fans beim Heimspiel von Hannover 96 undifferenziert in die Polizeistatistiken eingehen, mit denen die Gefahr durch Fans belegt werden soll. Bei diesem Spiel kam der Verdacht auf, dass sich im Hannoveraner Oberrang Pyrotechnik befinden sollte, woraufhin ein Einsatz im vollen Block durchgeführt wurde. Nur durch Glück und das Eingreifen von Fans konnte nach dem Stoß durch einen Polizisten ein Fan vor dem Sturz in den Unterrang bewahrt werden, mehrfach wurde Reizgas in die Fangruppe gesprüht – unverhältnismäßig und nicht kontrollierbar, wer von diesem Einsatz geschädigt wird und wer nicht. Der Ausgangsverdacht bestätigte sich übrigens nicht.

Wie gut der Dialog zum Verhindern von ungewollten und gefährlichen Situationen geeignet ist, haben die ersten Wochen der Saison gezeigt, als nahezu keine Skandalberichte in den Zeitungen zu lesen waren und der DFB deutlich weniger Strafen gegen Vereine aufgrund von Fehlverhalten der Fans aussprechen musste.

Es ist dringend notwendig, dem Dialog eine ehrliche Perspektive und Ziele zu geben, die für alle Beteiligten eine Verbesserung darstellen. Es gilt, Verständnis aufzubringen für Fans, die sich monatelang  für Verbesserungen einsetzen und dafür Wege einschlagen,  die in den eigenen Fanszenen mitunter mehr als unpopulär sind; Fans zu stärken, die sich im Dialog statt mit Gewalt Gehör verschaffen wollen; Faninteressen ernst zu nehmen und tatsächlich in Entscheidungen einfließen zu lassen. Fans sind in der Wahrnehmung nur für Marketing und Zuschauerzahlen interessant – in den Medien noch dazu als Störenfried und Randalierer. Auf diese Rolle kann sich die Fan- und Mitgliederbasis, die wichtigste Grundlage für alles, was Vereine heutzutage ausmacht, nicht dauerhaft reduzieren lassen.

Ein Umdenken ist zwingend notwendig, in Fanbasis, Vereinen, Verbänden. Aber auch bei Polizei und Ordnungsdiensten und in den Medien.

Der ASC wird sich auch weiterhin dafür einsetzen, Faninteressen mehr Gehör zu geben und die Bedeutung der Fan- und Mitgliederbasis in Verein und Verbänden ins Bewußtsein der Gremien zu rufen. In Bielefeld ist die vereinsinterne Entwicklung auf einem guten Weg, während auf Ebene der Verbände nach wie vor Lösungsfindungen mit Fanvertretern gemeinsam kein Mittel der Wahl zu sein scheinen. Unsere Kurve bietet nach wie vor an, konstruktiv an Lösungsfindungen auf Bundesebene mitzuarbeiten, sofern eine zielorientierte und mit Verbesserungen für alle Beteiligten verbundene Lösung angestrebt werden soll. Als Mitglied von Unsere Kurve hat auch der ASC ein großes Interesse daran, dem Dialog eine ernsthafte und zielorientierte Grundlage zu geben, wobei der Berücksichtigung von Faninteressen und von Fans entwickelten Lösungskonzepten eine reelle Chance gegeben werden sollte. Eine weitere Eskalation gilt es unbdingt zu verhindern, im Interesse aller Beteiligten und des Fußballs in Deutschland.

Diesen Beitrag teilen: